KÜNSTLERISCHES WERK

Moritz Götze ist ein Künstler der Erzählungen und der Mythen. Sein Repertoire ist außerordentlich reich. Schon zeitig machte der Autodidakt durch surreal verstrickte Drucke und Bilder auf sich aufmerksam. Wortfetzen und punkig-ungelenke Figuren belebten fiktive Räume, Sehnsuchtslandschaften und maritime Motive.

In den Jahren von 1990 bis 1994 schlugen sich in den Siebdruckmappen Einflüsse aus Pop Art, Comic und mittelalterlicher Buchillustration nieder. Daneben widmete der Künstler sich der Zeichnung und der Malerei. Die verwendeten Primärfarben, die klaren Kompositionen und die statuarisch-appellative Formsprache suggerieren Simplizität, aber ausgefeilte Assoziationsketten und raffinierte Codes erzeugen gleichzeitig ausgesprochene Vielschichtigkeit und Tiefe.

Collage, Assemblage, Email und Keramik bereicherten Götzes Ausdrucksmöglichkeiten. Seit 1990 wuchsen die Formate der Arbeiten, die Siebdrucke wurden mehrteilig (The little Dog). 1995 bemalte er drei Prismenwände mit großformatigen Wandelbildern (It’s a new day). 1994–95 entstanden die fünf Stockwerke umlaufenden keramischen Mosaiken im Lichthof des Leipziger Messehauses „Speck’s Hof“.

In den Folgejahren bis etwa 2000 wandte Götze sich Alltagsthemen und politischen Themen zu. Er schuf Reklametafeln aus Emaille für fiktive, nicht existierende Produkte (Orlando, Mono, Seewasserdose) und benutzte das Material auch zu großflächigen Wandgestaltungen im Berliner Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und im Arbeitsamt in Halle. Seine Serie „re:realismus“ beschäftigt sich mit dem sozialistischen Realismus und dem Phänomen der „Ostalgie“ (Am Schaltpult. Nach Willi Sitte, Parteidiskussion. Nach Willi Neubert). Die großformatigen Arbeiten Wo die Sonne aufgeht und Der Durchmarsch gelten historischen Begebenheiten aus der Zeit der Reichseinigung und dem Status der deutschen Gesellschaft. Das Gemälde Rokoko lässt einen Überschalljäger in eine vereiste Idylle einbrechen und Im Zimmer verteidigt eine Gruppe Europäer in Kolonialtracht verzweifelt eine letzte Bastion.

In den Jahren 2006/07 entwarf Götze mit der aus insgesamt etwa 700 Teilen bestehenden Emailkomposition Victoria ein Panorama der Moderne, durchzogen von geschichtlichen Ereignissen und Visionen künftigen Geschehens. Im Rahmen der Ausstellung zum 200. Todestag von Luise von Mecklenburg-Strelitz wurden drei große Skulpturen des Künstlers nach Motiven von Johann Gottfried Schadow vor dem Schloss Charlottenburg aufgestellt.

Moritz Götze ist ein ausgesprochen vielseitiger, engagierter und wahrhaftiger Künstler. Er lindert die paradoxe Desinformiertheit des sogenannten Informationszeitalters. Götze führt verpönte Kategorien wie Heldentum und Schönheit, Anmut und Forscherdrang wieder ins Feld. Götzes künstlerisches Remix der Hochkultur ruft Vergessenes in Erinnerung und rückt Verdrehtes wieder gerade.

Sein Werk steckt immer voller Anspielungen. Er greift die historische Vorlage auf und versetzt sie mit aktuellen Motiven, bringt damit eine neue Bedeutungsebene ins Spiel. Die Bilder, auch Stellungnahmen der eigenen Situation, werden dadurch verallgemeinert. Die Verschränkung von gestern und heute, der vorhandenen Vorlage mit der Situation der Jetztzeit, ist mittlerweile zu einem Erkennungszeichen geworden und zu einem rhetorischen Mittel seiner Kunst.

„Wenn die Geschichte eine Dunkelkammer ist, dann zählt Götze zu den Lichtmachern. Er leistet sich den ungetrübten Blick, frei von Ideologie.“
— Christoph Tannert

Götze versetzt seine Rezeptionen mit Metaphern, ironischen Verweisen, mit Symbolen, Allegorien, Personifikationen. — Dr. Sabine Heilig

„Er schenkt den Verhängnissen der Fremdheit, dem vermüllten Planeten, dem Vergessenen oder Verkümmerten zwischen Fensterbrett, Strand und Luftkriegshimmel immer die Poesie einer letzten Unberührbarkeit, das Gewicht eines fraglosen Daseins, also auch ein Staunen, weil bei ihm das Ereignis zählt, nicht sein Grund. Es so zu sehen, macht ihn zum Künstler, es so zu zeigen, zu Götze.“
— Michael Freitag

Schon jetzt ist klar, dass er eines der umfangreichsten künstlerischen Oeuvres unserer Zeit hinterlassen wird: Malerei, Baukunstwerke, Emails, Mosaiken, Skulpturen, Objekte, Zeichnungen und Grafiken. Der erfindungsreiche Hallenser schuf neue Siebdrucktechniken und erneuerte die zeit-genössische Emailmalerei. Moritz trat bei hunderten Einzel- und Gruppenschauen weltweit in Erscheinung, an renommierten wie an exzentrischen Orten.

Seine Werke sind in zahlreichen öffentlichen Sammlungen zu sehen. Bisher publizierte er mehr als zwei Dutzend überwiegend opulenter und immer erlesen schöner Kataloge. Seine Kunst bezeichnet Moritz Götze als Deutschen Pop; Pop Art definiert der Künstler nicht als Erfindung des 20. Jahrhunderts, sondern verweist auf die Flugblätter des 16. Jahrhunderts als erste Beispiele populärer Kunst.
— Joerk Rothamel